• Dr. Frauke HölleringOb Orgasmus, Stellungen beim Sex oder Selbstbefriedigung: Haben Sie Fragen zur Sexualität? In unserem expertenbetreuten Forum Sexualität können Sie sich ganz anonym über die schönste Nebensache der Welt austauschen. Unsere Expertin Dr. med. Frauke Gehring steht Ihnen – für eine begrenzte Anzahl von Fragen – gerne zur Seite. Die Allgemeinärztin arbeitet in einer Gemeinschaftspraxis in Arnsberg mit Schwerpunkt Psychosomatik und Sexualmedizin und ist zudem als Referentin und Moderatorin für zahlreiche medizinische Themen im Print-, TV- und Internetbereich tätig.

Endlich frei von Sex!?

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R.Obert

New member
Als ich meine Frau kennenlernte, war ich 45 und sie 35. Heute sind wir siebzehn Jahre und etliche Therapien älter - und froh miteinander, jedenfalls meistens. Von Anfang an war Sexualität ein Problem für uns, weil ich, Klischee hin, Klischee her, öfter wollte als sie. Und so ist es auch heute noch. Oft war es zum Wegrennen, nicht nur für mich, auch für meine Frau.

Was mich letztlich am Fortlaufen gehindert hat, war die unerträgliche Vorstellung in mir, welchen Schmerz ich ihr zufügen würde, wenn ich von ihr ginge. Welche Verwüstungen das in ihr (und mir) hinterlassen würde, welche über Generationen (!) hinweg wieder und wieder verwandelten Kämpfe und Kriege, nur, weil ich es jetzt in diesem realen Leben einfach nicht mehr ausgehalten hatte. Nein, das wollte ich nicht. Es gibt für mich keine wirkliche Alternative. Keine. Nicht Fremdgehen, nicht ins Bordell. Die sozialen Konsequenzen sind nicht akzeptabel. Ich wähle das ab. Und binde mich, immer wieder neu.

Es ist, wie wenn man mit einem Menschen durch ein geheimes Band verbunden ist, gemeinsam zu atmen.

Alleine, jeder für sich, atmet der Partner vielleicht langsam, wie ein Elefant, und man selbst schnell wie eine Maus. Aber zusammen? Wie soll das zusammengehen? Der Langsame wird hyperventilieren und geht in den Krampf, und der Schnelle kriegt Erstickungsanfälle mit den entsprechenden körperlichen Symptomen. Was ist das für ein geheimes Band, das zwei Menschen, die so weit unterschiedlich sind, mit einander bindet, gemeinsam zu Atmen? Gemeinsam Sex zu haben und dabei zu heftigen Kompromissen bereit zu sein?

Ist der Schnelle sexsüchtig und der Langsame frigide?

Ich musste es aufschreiben, um für mich Klarheit zu gewinnen. Man kann das nachlesen in "Bitterbutter" mit dem obigen Untertitel. Heute weiß ich, ich bin nicht sexsüchtig und meine Frau ist auch nicht frigide.

Wie oft bin ich zu den Niederungen herabgestiegen, in denen sie, die ich eigentlich liebe, böse war, in denen ich sie in eine schlechtes Licht gerückt, aus einem schrägen Winkel angeschaut habe, weil ich mit mir selbst nicht klar gekommen bin. Ich habe ihr - imaginär - eine Tüte über den Kopf gestülpt, ein inneres Guantanamo veranstaltet. Wen man nicht mehr anschauen kann, der verliert sein Gesicht und seine Identität, man kann ihn weiter herabsetzen, missachten, treten, umbringen. Und sich selber mit.

Das Buch zerfällt in zwei Teile und stellt mein Problem dar: Zu wenig Sex und nächtliche Erstickungsanfälle. Heute bringe ich das zusammen (s.o.). Die Auflösung, auch dieses weiß ich heute besser, kann ich nur finden, indem ich bei mir-selbst bleibe. So ist später das zweite Buch entstanden: "Der Meistergärtner" lässt die körperliche Ebene nicht hinter sich, er integriert sie, überschreitet sie und reift. (Ich hoffe niemand ist mir böse, wenn ich hier die beiden Titel erwähne.)

Das Leid der Liebe bleibt. Wächst sie gerade darum? Ach Gott, denke ich manchmal, wie schön könnte die Welt sein, wenn wir öfter miteinander ... ? Mache ich mir dennoch etwas vor? Oft bin ich trotz aller Weisheit so ratlos. Aber vielleicht gibt es noch andere Liebende, die ähnlich empfinden ...?

Gruß und danke,
r.obert
 
Re: Endlich frei von Sex!?

Die Frage ist so alt wie die Welt, und wenn Sie hier im Suchfeld „keine Lust“ eingeben, dann werden Sie sehen, wie viele Paare von diesem Problem betroffen sind!
Die Lust vieler Frauen ist ein empfindliches Pflänzchen und vergeht gerade in den Wechseljahren noch mehr. Hier hilft ganz pragmatisch eine feste Verabredung z. B. jede Woche, damit sie sich darauf einstellen kann und er nicht immer fragen muss; spontan wird sie sowieso kaum Lust haben. Bei diesen Verabredungen sich Zeit nehmen, auch zärtlich sein, sie als Besonderheit genießen, ist wichtig. Ansonsten ist Onanie die Hilfe, die auch viele Frauen suchen, wenn ihre Männer nicht können oder wollen.

Lg Dr. Höllering
 
Re: Endlich frei von Sex!?

Hallo Frau Dr. Höllering,

danke für Ihre Tipps. Ich gehöre wohl noch zu der Generation der Beichtkinder, die nicht onanieren durften. Aber meine Frau und ich gehen - gemessen daran - relativ frei damit um. Nur was überhaupt nicht funktioniert, sind "Absprachen". Das törnt meine Frau ab, und sie fühlt sich unter Druck gesetzt (!), zumindest festgelegt, unfrei. Auch ich merke, dass ich das nicht gut kann, fühle mich recht unfrei mit sowas. Und "regelmäßig", daran ist überhaupt nicht zu denken.

Gruß,
R. Obert
 
Re: Endlich frei von Sex!?

Robert, warum solltest du weggehen? Du hast ja deine Erfüllung in dir. Du hast poetische "Triebe" , vielleicht gerade deshalb?
Das ist es ja, dass besonders dort, wo eine "Wichtigkeit" unerfüllt ist, eine andere, oft viel wichtigere Sache ( für wen auch immer) erfüllt wird.
So viele Bücher sind am Markt, etwa, wegen dem?

Der Satte ist nicht gut zu dressieren.
Der Kastrierte arbeitet besser und wie bei dir, lässt sich auch besser einschüchtern.
 
Re: Endlich frei von Sex!?

Schade; Absprachen funktionieren natürlich nur dann, wenn auch Ihre Frau willens ist, etwas für Ihr gemeinsames Sexleben zu tun. Aber wenn Ihnen beiden das nicht liegt, sollten Sie diesen Weg natürlich nicht gehen.

Vielen Paaren helfen Absprachen,weil man sich wie bei einem Rendezvous darauf innerlich vorbeireiten kann und darauf einstellen. Wenn es dann aber als Pflichtübung ein Zwang ist,geht es natürlich nicht! Nur bei Paaren, die "eigentlich" mal wieder wollen, aber spontan nie Lust bzw. Zeit haben.

Lg, Dr. Höllering
 
Re: Endlich frei von Sex!?

Sublimation. Und Kreativität.

Und drinnen, tief im Untergrund, in den Gewölben, da grölt der Besoffene, dem das alles schnurz ist. Er will saufen, dass es rauscht, das Bouquet des Weines ist ihm egal. Mein Gott, manchmal denke ich, was macht ES nur mit mir!?

Bin ich unmännlich, indem ich Rücksichten nehme? Oder ist das Liebe? Was ist das: das "Männliche"? Ist "das Männliche" ein Teil meiner regelmäßig wiederkehrenden

hundsgewöhnlichen sexuellen Psychose,

die mich die Welt nur verzerrt wiedererkennen lässt, eine Banane wird zum Penis, das Y einer Astgabel erinnert an weibliche Lenden, der verdammte Sommer mit seinen tiefen Dekolletés martert mein Gehirn? Soll man das islamische Gebot zum Schleier für die Frau zum Schutz vor dem Geiwitter im Hirn des verrückten Mannes gutheißen?

Ist das Männliche, das Yang im Weitesten Sinne:
- die Bündelung des Wollens
- die Fokussierung des Zieles
- die Kraft und Langmut es zu erreichen
- und das Streben nach Überlegenheit und Sieg?
Mit dem einen Sinn: die Welt zu bevölkern und satt zu werden?

Was habe ich von den ganzen Sublimationen, wenn es in mir brennt? - Nein. Das ist nicht die Lösung. Es ist erst erst recht keine Erlösung.

Muss ich mich damit abfinden, nimmer satt zu werden? Solange ich lebe, solange ich atme, immer wieder geil zu werden, hilflos ausgeliefert?

Dabei bin ich kein Nimmersatt. Wie schön normal die Welt sein kann, wenn wir Sex hatten. Dann ist Kraft da. Schöpferkraft, Lust zum Schaffen, zum Hinaus-in-die-Welt-Gehen, Lust auf Leben. Das Kleine Bisschen (Sex) wird unwichtig, vorübergehend, es durfte ja geschehen, alle Sperren waren aufgehoben, Fluss war da. Flow! Und zu welchen Dimensionen es sich aufzublähen vermag, wenn es nicht sein darf. Das Kleine Bisschen wird zum Dämon, der alles vergiftet und verwüstet.

Muss ich erst alt werden und zum "Meistergärtner" reifen? Werde ich jetzt allmählich ruhiger? Wird mein Atem flacher, unaufgeregter?

Ach.

Manchmal, ja manchmal, da ist es zum Verzweifeln.
 
Re: Endlich frei von Sex!?

Hallo Frau Dr. Höllering,

wir haben sie wieder mal probiert, die Absprache. Nur ging es diesmal von meiner Frau aus. ES fehlt ihr dann doch manchmal. Immer nur Kuscheln zum Mittagsschlaf, das ist dann doch nicht das Wahre... Die Alternative wäre ja, über Sex nicht mehr zu reden. Das haben wir auch lange Zeit probiert, weil wir das Reden über Sex oft als zerstörerisch empfunden hatten.

Irgendwann wollte ich diesen Frust einfach nicht mehr. Bin in den Streik getreten. Ich hatte keine Lust mehr auf Frust.

Dann wurde etwas ganz anderes daraus, nämlich eine Initiation. Meine Erfahrungen, sechs Wochen vollkommen ohne Sex auszukommen, habe ich in "BITTERBUTTER" festgehalten.

Diese Erfahrung gönne ich jedem Mann. 40 Tage in die Wüste zu gehen, jeder weiblichen Versuchung, jedem Impuls zur Selbstbefriedigung zu widerstehen ohne sie zu verteufeln, das war eine heftige, aber gute Erfahrung. Mag sein, dass das für Frauen eine leichte Übung ist. Für Männer ist es das nicht.

Manche Männer beginnen ja ihren Tag mit einem Cocktail aus Adrenalin und Testosteron. Ich kenne das aus eigener Erfahrung und möchte das nicht mehr. Aber meine freiwillige Übung zur Enthaltsamkeit hat mir gezeigt, ICH MUSS NICHT. Ich kann wählen. Meine Initiation hat mich - was die körperliche Ebene anbelangt, befreit.

Und dann gibt es ja noch andere Ebenen. Die psychische. Die soziale. Die spirituelle. Und alles das ist die Polarität des Menschen in der Natur, in die wir eingebettet sind.

Gibt es das für den Menschen im Leben: Un-Abhängigkeit?

lg. r.obert
 
Re: Endlich frei von Sex!?

""".....Gibt es das für den Menschen im Leben: Un-Abhängigkeit?...""

Es gibt genug Leute, die ohne Fleisch auch gut genährt sind.

Hallo Robert, werd wieder wach. Bei aller Hineinsteigerei in diese Gefühlsduselei, vergiss nicht, sehr viele haben keinen Sex. Ich glaube sogar, eher die Mehrheit, als die Minderheit auf der Welt hat keinen Sex.

Lass dich aber trotzdem nicht abbringen von deiner Weise, wie du dein Möchten ausdrückst. Einer sinnt nach Rache, ein anderer nach Reichtum, du nach williger Frau, wieder ein anderer nach Karriere und Lob und nur ganz wenige sind zufrieden, haben ihren besten Frieden mit dem, was geboten ist. Das sind dann die Glücklichen.

Ich wünsche dir viel Glück
 
Re: Endlich frei von Sex!?

Ja. Es soll sogar Menschen geben, die nichts zu essen brauchen, seit Jahren.

Eigentlich bin ich ganz zufrieden. Nur manchmal, an psychotischen Tagen, dann quält es mich sehr. Und wie bereits oben von jemandem geschrieben: Indem ich nicht ständig nur an das Eine denke, werde ich frei für Anderes.

Es lebe die Kreativität!

Gruß,
r.obert
 
Re: Endlich frei von Sex!?

"""Indem ich nicht ständig nur an das Eine denke, werde ich frei für Anderes""""".

Hallo Robert, ja, da könntest du Recht haben. Leider ist es aber oft so, dass man gerade das nicht vergisst, was man vergessen möchte. Kennst eh, wer abnehmen will, der denkt öfter ans Essen als ein anderer. Oder beim Rauchstopp- auch da ist das so, oder Schlaflosigkeit- wer ganz unbedingt will, der kriegt erst recht net...das scheint irgendwie ein Gesetz zu sein.

Welche Argumente hat deine Frau eigentlich, wenn sie nicht will?
 
MISSBRAUCH

MISSBRAUCH

Hallo Elektraa,

vordergründig gibt es immer viel zu tun. Meine Frau ist (wirklich) sehr kreativ und setzt ihre Prioritäten entsprechend.

Aber dahinter. Dahinter liegen Dinge, an die wir nicht mehr rankommen. Und ich will ihr - sie möge mir verzeihen - nichts überstülpen. Aber es gibt Vermutungen.

Beide Eltern meiner Frau kannten ihren Vater nicht. Da haben die sozialen Sanktionen gegen Geschlechtlichkeit grausam zugeschlagen. Die Väter der Eltern durften nicht sein und wurden konsequent verschwiegen. Die Mutter meiner Frau wurde außerdem sexuell missbraucht.

Meine Frau ist aber nicht diesen Weg gegangen. Sie war früh sehr frei und hat gelebt, was zu erleben war.

Meiner eigenen Erfahrung nach ist es möglich, dass wir ganz real Gefühle erben können, die mit uns in diesem Leben nichts zu tun haben, die die Gefühle eines unserer Vorfahren waren und nur zu bestimmten Gelegenheiten getriggert werden.

Warum sollte meine Frau ihre - vor allem am Anfang unserer Beziehung immer wieder aufplatzende - Abwehrhaltung nicht gerade auf diese Weise produzieren: Sex ist häßlich. Sex ist pervers. Sex ist gefährlich. Die mit den Erlebnissen ihrer Eltern verbundenen schlimmen Empfindungen als tief unbewusstes, genetisches Erbe übernehmen und in ihrem Verhalten reproduzieren. Und in ihrer Jugend Sex in der Revolte ausleben.

Ich weiß aber, dass ich bei mir bleiben muss. Nicht sie ist "schuld". Ich-selbst habe mir im Laufe meines (ebenfalls bewegten) Lebens meine Frau rausgesucht - vielleicht, um zu erfahren, dass es auch mit weniger Körper, dafür aber mit mehr Liebe geht. Immer wieder erlebe ich, dass sie mir hilft, zu einem liebevollen Menschen zu werden (der ich aber bei weitem nicht immer bin).

Aber Vollkommenheit? Die gibt es - gottseidank - nicht. Denn das hätte ja Stillstand zur Folge. Und Stillstand, das ist Tod. Und weil alles immer fließt, gibt es keinen Tod. Punkt.

Jeder Missbrauch wird weitergegeben wie ein Krieg, bis alle Wunden verheilt sind. Jeder Missbrauch wird über viele Generationen vererbt, wie auch immer dies geschieht. Darum ist jede Gewalt abzulehnen. Darum ist es so furchtbar, was wir jeden Abend in allen Nachrichtensendungen vernehmen, es sei denn wir schalten die Kiste ab. Ich kann das nur bei mir-selbst zu heilen versuchen. Immer wieder vor meiner eigenen Tür kehren. Im Kleinen heilsam agieren und wachsam um mich schauen. Auch wenn es sich jetzt wie Reklame liest: Ich empfehle wärmstens mein "Der Meistergärtner".

Gruß,
R.Obert
 
Re: Endlich frei von Sex!?

Hallo Robert

Nur nicht aufgeben. Geh auf deine Frau zu, als wäre sie das Höchste, Beste, Schönste aller Wesen auf dieser Erde. Vergöttere sie und hole sie in deine Arme. Biete ihr das genussvollste, liebreichste Erlebnis, was ein Mensch je erfahren kann und mache sie zur Glücklichsten aller Frauen. Zaubere strahlende Augen in ihr Gesicht und vergiss nicht, ein herrliches Erlebnis macht jede schlechte Erfahrung wieder wett...zudem..ganz bestimmt süchtig nach mehr.

Bücher gibt es so viele Robert. Aber echt gute, zufriedenstellende, beglückende, feurige LIEB-Haber, Liebespaare gibt es so wenig.
Würden mehr solche Kerle leben, dann wäre der Buchmarkt wieder unzufrieden.

Jeder wie er will.

Ich wünsche dir viel Einsatzfreude weiterhin. In welches für dich lohnende Gebiet auch immer.

Liebe Grüße
Elektraa
 
Verletzungen

Verletzungen

Hallo Elektraa,

ereignisreich gewesen sind die letzten 14 Tage.

Im Garten hebe ich eine junge Tulpenzwiebel aus dem Beet. Da sie tief gelegen hat, ist ihr Stengel weiß und lang und dünn. Ich fasse die Pflanze am Blatt und trage sie zu meiner Frau. Die Knolle baumelt vor ihrem Gesicht, meine Frau lächelt und will das Pflänzchen an der Verdickung fassen. Nein, nein, sage ich, nimm ihn am Blatt, sie wird sonst brechen. Als sie übernimmt, blitzt ein Bild vor mir auf von der prächtigen, kräftigen Tulpe, die daraus erwachsen wird, wenn man sie nur behutsam einpflanzt.

Den Geliebten anfassen, ihn begreifen, wie er in seiner Ganzheit, auch in der Ganzheit seiner Zeit i s t .

Manchmal ist es so schwer, und ich bin voreilig mit meinen Ideen, Ratschlüssen und Vorschlägen, weil ich sie nicht mit den Augen der Liebe angeschaut habe, sondern nur mit meinen kummervollen Augen und durch eine getönte Brille.

Ein, zwei Tage später zeigt sie mir ihren Unterarm. Wir rätseln, was da geschehen sein mag. Dunkelrote Streifen, Flecken, auch kleine Ratzer liegen auf der hellen Haut. Es juckt. Sie beißt die Zähne zusammen, um nicht zu kratzen. Am nächsten Morgen bilden sich Bläschen an den Stellen. Wir fahren zur Notärztin. Die Frau weiß keinen Rat. Wir fahren zur Uniklinik. Die Bläschen wachsen zu zentimeterdicken Blasen, als hätte man meiner Frau einen Gasbrenner auf die Haut gerichtet. Auch der Hautarzt weiß keinen Rat. Untersuchungen werden angestellt. Hautarzt, Uniklinik, Hautarzt, Uniklinik.

Eine hässliche Markierung. Für Unbeteiligte ein Schock. Ekel vor dem offensichtlichen Zerfall des Fleisches. Zu Hause verbindet und versorgt sie die Wunde selbst, ich helfe dabei.

Leicht fällt es mir, die Symbolik dieser Krankheit zu verstehen, glaube ich. Ich versuche, meine Frau darauf aufmerksam zu machen, was das bedeuten könnte. (Der Schlauch platzt, wenn er zugehalten wird und kein Fluss möglich ist. Dieses Bild hatte sie zum Thema "Ungeduld" vor Ausbruch der Krankheit in Akryll gemalt. Nun wird sie zur Patientin, "patiente", geduldig, gezwungenermaßen.)

Ich schaue auf die Wunde, und fühle von tief ein leises Gefühl der Trauer, das ich nicht recht verstehe.

Meine Frau reagiert extrem. Natürlich ist sie gereizt. Ich solle mit dem ganzen esoterischen Quatsch endlich aufhören. (Sie führt das heftig aus.) Sie k a n n das jetzt grad nicht hören. Auch das Gespräch ihrer besten Freunde nervt sie, und sie will ihre Ruhe haben.

Ich gehe auf Abstand. Traurig denke ich, sie hat recht. Sie muss nach innen gehen. Sie fragt später, ob ich beleidigt sei. Ich kann beleidigt sein, bin ich aber nicht. Ich sage, ich habe zwei Dinge erkannt: dass du deinen eigenen Weg unbeeinflusst gehen willst und dass mich das auch entlastet.

Ich bin für sie da, wenn sie mich braucht. Ich schenke ihr von meinem Licht und meiner Liebe auf ihrem Weg und lasse ihn ihr. Sie ist sich selbst der beste Arzt. Genau das, meine ich, trifft für jeden Menschen zu.

Die Trauer beim Anblick dieser schlimmen Verletzungen ist leise. Eine leise Glut, eine dunkle Schwester der Liebe. Ich bin ein glühender Liebhaber.

Ach! ... manchmal ist das Fleisch so schwer!

Verwandlung steht an.
 
Re: Verletzungen

Re: Verletzungen

Hi Rob, es gibt Pflanzen, die solche Reaktionen auf der Haut auslösen. Ich glaub, der Bärenklau macht solche Blasen, es reicht, wenn man nur dran streift und dann an die Sonne geht.

Du hast eine intensive, ereignisreiche Gefühlswelt. Wie eine Melodie. Das ist doch auch wie Liebe machen, sich mit Worten so zu spielen wie du es tust, oder sich dem Garten voll hinzugeben, oder dem Rest der Welt. Für mich ist der arm, der seine Liebe nur an eine bestimmte Person hängt, oder alles übersieht, während er zum Koitus rennt. Wie gesagt, bei dir habe ich den Anschein, es passt doch eh, wie du es hast.

Servus
bis dann
lass hören, wie dein Lied weiter geht.

Lieben Gruß
Elektraa
 
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