RE: Demenz erben?
Sehr geehrter Herr S.,
viele Fragen wurden in den Antworten zu Ihrem Forumbeitrag angesprochen.
Es gilt folgendes:
in sehr, sehr seltenen Fällen liegt eine familiäre Alzheimer-Krankheit vor, d.h. ein Gendefekt, der dazu führt, dass es bei seinem Träger in jedem Fall zur Erkrankung kommt. In diesen Fällen kommt es aber zu einer ungewöhnlichen Häufung von Krankheitsfällen, oft erkranken die Partienten dabei auch in verhältnismäßig jungem Alter. Die Gendefekte lassen sich durch sehr langwierige und aufwändige molekularbiologische Untersuchungen nachweisen, sofern ein ausreichend großer Verdacht besteht und eine genetische Beratung stattgefunden hat.
Bei der Mehrzahl der Alzheimer-Erkrankten (bei der sog. sporadischen Form) liegt demgegenüber eine multifaktorielle Genese, d.h. es gibt eine Vielzahl von Einflußfaktoren die das Auftreten der Erkrankung begünstigen, ohne, daß letztlich gesagt werden kann, welcher davon nun der Auslöser war. Hauptrisikofaktor ist dabei das Alter, ab dem 60. Lebensjahr steigt das Risiko in exponentieller Form an, der Krankenstand in der Bevölkerung verdoppelt sich alle 5 Jahre. ein weiterer Risikofaktor ist es, einen Angehörigen ersten Grades mit der Alzheimer-Krankheit zu haben, dies erhöht das individuelle Risiko, stellt aber, wie gesagt, nur einen Risikofaktor von mehreren dar, so daß eine Prognose im Einzelfall nicht möglich ist. Das Lebenszeitrisiko, hier muß ich Auguste D. erstmals ein wenig widersprechen, ist übrigens unabhängig vom ApoE-Genotyp höher als 7%. Bei diesem "Biomarker" handelt es sich im Übrigen ebenfalls nur um einen Risikofaktor von vielen, der Ihnen wiederum im Einzelfall keine sichere Prognose erlaubt, daher gehört seine Bestimmung auch nicht zur Routinediagnostik.
Zum Thema Prophylaxe: hier gibt es vieles, was diskutiert wird, aber bisher nicht ausreichen gut belegt werden konnte. Was auf keinen Fall schadet ist, sich gesund und ausgewogen zu ernähren, Sport zu treiben und regelmäßig zum Arzt zu gehen. Daneben konnte ein protektiver Effekt für "soziokulturelle" Aktivitäten im weitesten Sinne nachgewiesen werden. Wenn Sie kein Instrument spielen wollen während Sie tanzen könnten Sie es z.B. erst einmal mit regelmäßigen Theaterbesuchen, Diskussionsrunden oder ehrenamtlichem gesellschaftlichem Engagement versuchen.
Eine Therapie, die die Krankheit an Ihrer Wurzel packt, gibt es bisher nicht, einiges in dieser Richtung wird aber seit einiger Zeit erforscht und ich bin zuversichtlich, aber das ist meine persönliche Meinung, dass es in 20 Jahren tatsächlich eine solche Behandlungsmöglichkeit, wie Sie Ihnen vorschwebt, gibt.
Mit freundlichen Grüssen,
Spruth