RE: Burn-Out?
Hallo Zephyr,
Ich bin (war) auch Krankenschwester - oder wie es heute heisst: "Pflegefachfrau", allerdings im Akutspital. Ich habe schon in der Ausbildung gemerkt, dass ich mit dem Stress nicht leben kann, dass ich keinerlei Freude an der Schnelllebigkeit und an Notfallsituationen hatte.
Deshalb habe ich mich für den Langzeitbereich entschieden. Ich habe mit psychiatrischen Patienten, mit schwer-dementen Patienten und mit Sterbenden gearbeitet.
Ich dachte, es würde besser, weil der zeitliche Druck kleiner war.
Es wurde NICHT besser...
Ich habe gemerkt, dass ich frustriert war dadurch, dass es immer um Menschen ging, denen es nicht gut ging, Menschen, die einen Platz brauchen, um sich auszuruhen und meine Hilfe zu beanspruchen - ich musste GEBEN GEBEN und GEBEN.
Mein Gleichgewicht von Geben und Nehmen hat nicht mehr gestimmt. Ich musste was anderes machen.
Ich muss aber unbedingt zu deiner Situation etwas loswerden: Solche persönlichen Grenzerfahrungen GEHÖREN zu deiner Aufgabe dazu! Sie sind nachvollziehbar, gerechtfertigt, natürlich und verständlich! Den meisten ginge es so! Das zeigt ausserdem, dass du ein Mensch bist - sogar ein sehr teilnehmender! Denn würdest du nur halb bei der Sache sein, kämst du nie zum Limit, so dass es dir irgendwann zu Halse raushängt! Ist also auch ein Zeichen dafür, dass du dich wirklich voll einsetzt! Oder zumindest "eingesetzt hast".
Jetzt ist das Fass voll, du hast keine Energie mehr - das kann passieren!
Du bist in der Ausbildung - man soll ja Dinge lernen. Also gehört auch das Management der eigenen Kräfte, der eigenen Möglichkeiten und der eigenen Grenzen dazu!!
Vielleicht solltest du
*dich öfter mit Freunden treffen und RAUS gehen?
*dich an die Ausbildungsverantwortliche Person wenden und davon erzählen?
*Varianten suchen, wie deine "Psycho-Hygiene" besser u bewerkstelligen sein könnte
*Die Zeit, die du für dich hast, bewusster auskosten?
*dich mit Freunden aus dem Ausbildungskurs austauschen, vielleicht geht's denen ja ähnlich?
*dich an die Stationsleitung wenden, vielleicht käme eine Verschiebung des pflegerischen Schwerpunkts in Frage? (Einsätze in anderen Abteilungen? Betreuung von Nicht-depressiven Patienten? Vorübergehend den Fokus auf andere pflegerische Bereich legen?)
Schau, dass du deinen Interessen nachgehen kannst! Schau, dass du deinen "inneren Schweinehund" überwindest und in deiner Freizeit rauskommst! Schau, dass du dir Copingstrategien zulegen kannst, die dich entlasten (Sporttreiben wirkt als Aggressions-Blitzableiter - smile) und teil dich um Himmelswillen mit!
Dass es dir manchmal zum Hals raushängt, dermassen heavy Geschichten immer und immer wieder hören zu müssen und dabei noch ein verständnisvolles Gesicht machen zu müssen, ist VERDAMMT anstrengend und Kräfte raubend! Das IST so! Und du hast auch jedes Recht, darüber wütend zu sein - das gehört zum Job dazu.
Es wird nicht das erste und nicht das letzte Mal sein, dass dich so ein Gefühl überkommt!
Deshalb: die Professionalität deines Berufes liegt darin, mit solchen "persönlichen Limits", mit "eigenen (durchaus gerechtfertigten!) Frustrationen" zurecht zu kommen und Strategien entwickeln zu lernen, damit umzugehen.
Ich wünsche dir ganz viel Glück dazu!
petit-prince