• Dr. Frauke HölleringOb Orgasmus, Stellungen beim Sex oder Selbstbefriedigung: Haben Sie Fragen zur Sexualität? In unserem expertenbetreuten Forum Sexualität können Sie sich ganz anonym über die schönste Nebensache der Welt austauschen. Unsere Expertin Dr. med. Frauke Gehring steht Ihnen – für eine begrenzte Anzahl von Fragen – gerne zur Seite. Die Allgemeinärztin arbeitet in einer Gemeinschaftspraxis in Arnsberg mit Schwerpunkt Psychosomatik und Sexualmedizin und ist zudem als Referentin und Moderatorin für zahlreiche medizinische Themen im Print-, TV- und Internetbereich tätig.

bisexuell?

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Nicolas

New member
wer kann mir helfen?

ich glaube, ich bin bisexuell und kann nicht damit umgehen. ich hatte bisher kaum one night stands und nur wenige, kurze beziehungen. obwohl ich etwas über 30 bin. die kurzen beziehungen hatte ich mit frauen. einmal hatte ich einen one night stand mit einem mann. einmal einen one night stand mit einer frau. ich habe einen konservativen, aber nicht autoritären vater. vor mehreren jahren habe ich ihm, aber auch der mutter und den geschwistern, gesagt, dass mich auch männer anziehen. die damalige freundin des vaters war dabei, sie hat mich unterstützt, auch mein vater hat damals gut reagiert. heute redet er aber oft gegen schwule. meine geschwister haben mir mehrmals ausdrücklich gesagt, dass sie bei mir sowohl eine beziehung mit einer frau oder einem mann gut finden würden. andererseits - ist mein leben. warum soll ich auf meinen vater hören? früher war ich streng kirchlich eingestellt und konnte mir deshalb etwas mit einem mann nicht vorstellen. nachher hatte ich krisen (psychosen/schizzophrene schübe) und war für sex und beziehungen nicht offen. seit einigen jahren suche ich sex und beziehungen und fand dies - wenn auch nur wenig - bei frauen. ausser einem one night stand mit einem mann. ich fand ihn weder besonders schön noch besonders sympathisch. wir hatten trotzdem sex. es klappte. aber es war kalt. ich hatte es damals gemacht, weil ich unbedingt diese erfahrung machen wollte. es war vor ein paar monaten. bei den frauen ging es oft im bett nicht oder schlecht. ich könnte mir gut vorstellen, auf männer zuzugehen.
dafür sprechen würde mein umfeld:
- wohne in zürich, einer liberalen stadt mit vielen schwulen, lebe dort in einem stadtkreis, in dem viele junge, alternative, linke leben
- arbeite in einer liberalen firma (hat dort viele schwule, auch in kader, die schwulen stehen offen dazu und werden nicht diskrimiert)
ich mache psychotherapie seit jahren und hatte schon verschiedene psychiater. mit meiner bisherigen psychiaterin habe ich viel darüber diskutiert. sie hat irgendwie eine abneigung gegen schwule. die gespräche über andere themen waren oft gut, aber die gespräche über bisexualität usw. mit ihr verliefen immer im sand. da ich immer noch - wenn auch weniger - manchmal probleme wie schlaflosigkeit, ängste, depressionen, habe, gehe ich immer noch in die psychotherapie. meiner schwester habe ich dies erzählt, und sie hat mich mehrmals aufgefordert, deshalb zu einem anderen psychiater zu gehen. ich habe anfang august einen schnuppertermin bei einem anderen psychiater. ich habe mir das folgende überlegt:
- ich will one night stands, beziehungen, liebe, kuscheln erleben
- ich bin nun etwas über 30
- ich kann es in den nächsten 50 jahren bei frauen probieren und werde wenig erleben und viel einsam sein
- oder ich kann es mit männern probieren
in zürich gibt es viele schwule cafés, bars, discos. ich müsste halt mal allein dorthin. ich überlege mir, was ich tun müsste, wenn mich dort jemand von der firma sehen würde. ich denke, ich müsste dazu stehen. das wäre das beste. manchmal sehe ich einen feminen mann und denke, oh, ist der süss. ein kollege von mir ist schwul. ich habe ihm nur von meinen frauen-erlebnissen erzählt. meistens blieb er auf distanz. als ich ihn letztes mal sah, erzählte er den ganzen abend nur von seinen sexuellen erfahrungen und lud mich zum essen ein. er ist mir sympathisch, gefällt mir aber nicht. ich hielt mich deshalb auf distanz, obwohl ich glaube, dass er mehr von mir wollte. ich habe mehrere kollegen. 2 davon scheinen bisexuell oder schwul zu sein. die freundin des einen kollegen ist bisexuell. mit ihr habe ich viel darüber geredet. sie hat mich ermuntert, auf männer zuzugehen. ich habe mir schon überlegt, in ein schwules café in zürich zu gehen. andererseits - wenn mich dort ein mann anspricht, und ich will mit ihm nicht mehr - muss ich mich abgrenzen. ich könnte ihm sagen, er ist nicht mein typ. das hat mir die bisexuelle kollegin gesagt. ich habe angst davor. andererseits glaube ich, muss ich es mal tun. ich bin für jeden tipp dankbar. wer kann mir helfen?

liebe grüsse

nicolas
 
RE: bisexuell?

Ich kann dir leider nur die Geschichte eines meiner besten Freunde erzählen. Er war 27 und hatte bisher nur Freundinnen gehabt, mit denen ihm Sex aber keinen Spaß gemacht hat. (Er ist ein sehr, sehr männlicher Typ und sieht weder aus, noch verhält er sich wie die typischen Schwulen immer in den Medien dargestellt werden.) Ich lernte ihn kennen, weil er viel mit meinem Ex-Freund unternahm, dem er später gestand, dass er sich in ihn verliebt hatte. Mein Ex hat's mir gleich empört weitererzählt und wollte die Freundschaft abbrechen. Nach einigen Gesprächen tat er es dann doch nicht, schließlich wusste mein schwuler Freund, das mein Ex absolut heterosexuell war und ist. Irgendwann ging ich mal auf ihn zu und sagte, ich würde mal mit in so'ne Schwulenbar gehen, damit er nicht als Homo abgestempelt wird, wozu er ja nicht stand, und trotzdem Ausschau halten konnte. Tatsächlich lernte er an dem Abend einen Mann kennen, der recht gutaussehend und vor allem sehr, sehr sympathisch war. Er gestand meinem Freund wohl, dass er ihn sehr mochte, worauf der sich einen Ruck gab und mit ihm den Abend und erstaunlicherweise auch die Nacht verbrachte. Am nächsten Tag, als ich ihn traf, sah ich ihm an der Nasenspitze an, dass er verliebt war. Und stell dir vor - das ist er immer noch - in den selben Mann - und jetzt ist mein Freund 33.

Mein Freund hat sich in seinem katholischen Dorf übrigens nie geoutet. Seine Mutter hofft immer noch auf Enkelkinder und seine Geschwister halten seine "Frau", wie er seinen Freund nennt, für einen guten Kumpel. Aber alle seine Freund wissen bescheid, und mit denen lebt er weit weg in einer Großstadt.

Trau dich und du wirst dein Glück finden. Hab keine Angst vor dem Unbekannten. Ich halte dich nicht für bisexuell, sondern für schwul, nachdem zu urteilen, was du geschrieben hast. Und deine Psychaterin hat eindeutig den falschen Berug gewählt, wenn sie dein Hauptproblem so leichtfertig abtut. Ja, geh zu jemandem, der dich verstehen will und dir Mut machen wird.

Ich wünsche dir vor allem Mut und das Glück, dass du bald die Liebe deines Lebens triffst, so dass du weißt, wo auf Erden du hingehörst.
 
@nicolas

@nicolas

Lieber Nicolas :-)
Das, was Du da schreibst, erinnert mich ein wenig an meine eigene Vergangenheit. Lass es Dir gesagt sein: Du bist schwul. Und freu Dich drüber! Es gibt keinen Grund darüber zu grübeln oder Trübsinn zu blasen. Trübsinn ist nicht das einzige, was man(n) blasen kann. ;-) Ich persönlich glaube nicht an echte Bi-Sexualität. Bis ich 28 war, habe ich ein Hetero-Leben geführt und hatte so an die 6-7 Freundinnen. Alle diese Beziehungen haben mich nicht erfüllt. Dann merkte ich mehr und mehr, daß mich Männer sexuell erregen. Ich konnte mir aber nicht vorstellen, einen Mann (von Herz her) zu lieben. Aslo redete ich mir ein, "Bi" zu sein. Sex mit Männern ja, aber lieben könne ich nur Frauen. Und dann eines Tages, während eines ONS mit einem Mann riß es mir die Füße weg, ich konnte nicht mehr klar denken und hatte solche Schmetterlinge im Bauch, wie ich es noch nie bei einer Frau erlebt hatte. Da war mir klar, daß ich ganz einfach schwul bin. Und es war wie eine unsichtbare Last, die da von mir abfiel. Ich wär nicht besorgt, im Gegenteil, ich war glücklich. Glücklich zu wissen, wohin ich gehöre. Ich wollte es in die Welt hinausschreien, so glücklich war ich. Und seit diesem Tag lebe ich offen schwul. Was nicht heißt, daß ich mit einem Schild "Ich bin schwul" herumlaufe, aber die, die es wissen sollen, denen hab ichs erzählt. Andere wissen es nicht, oder vielleicht doch, aber es ist mir egal. Ich mache es nicht zum Thema, denn es ist für mich normal. Und ich habe festgestellt, je normaler und unkomplizierter man mit dem Thema selber umgeht, desto normaler und unkomplizierter geht die Umwelt damit um. Ich habe jedenfalls noch keinen getroffen, der mit Unverständnis oder Agression reagiert hat. Allenfalls mit etwas Unsicherheit, wenn sich die Person noch nie mit dem Thema auseinander gesetzt hat. Durch meine Normalität nehme ich meinen Mitmenschen a) ihre Hemmungen dem Thema gegenüber und b) den Wind aus den Segeln, dem Thema gegenüber negativ eingestellt sein zu können. Ich liebe mein Schwulsein und koste es in vollen Zügen aus. Ich hätte damals mit Frauen nie gedacht, daß ich jemals so intensiv lieben und Sex haben könnte, wie ich es heute kann. Macht mir richtig Spaß, darüber zu schreiben ... Also: Wenn Du auf Männer stehst, dann gibt es keinen Grund, Dich nicht auf den Weg zu machen. Geh in die Szene, lerne Männer kennen und werde glücklich. Wenn Du Dir wirklich nicht sicher bist (was ich nicht glaube), geh trotzdem los und probier es aus. Dann wirst Du sehen, ob es Dir gefällt. Und wenn Dich da jemand sieht, "Na und"? Dann steh dazu, daß Du noch in einer Orientierungsphase bist oder sag, daß Du glaubt, "Bi" zu sein. Auf jeden Fall ist es doch völlig egal, ob Dich jemand sieht. Entscheidend ist bei allem nur eines: Stehe zu dem, was Du tust und habe nie das Gefühl, Du tust etwas, was keiner Wissen darf. Es muß für Dich o.k. und selbstverständlich sein. Dann gehts ganz von allein.
Ich wünsche Dir viel, viel Glück auf Deinem Weg ins Abenteuerland. Gruß und Kuss
 
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