• Dr. Frauke HölleringOb Orgasmus, Stellungen beim Sex oder Selbstbefriedigung: Haben Sie Fragen zur Sexualität? In unserem expertenbetreuten Forum Sexualität können Sie sich ganz anonym über die schönste Nebensache der Welt austauschen. Unsere Expertin Dr. med. Frauke Gehring steht Ihnen – für eine begrenzte Anzahl von Fragen – gerne zur Seite. Die Allgemeinärztin arbeitet in einer Gemeinschaftspraxis in Arnsberg mit Schwerpunkt Psychosomatik und Sexualmedizin und ist zudem als Referentin und Moderatorin für zahlreiche medizinische Themen im Print-, TV- und Internetbereich tätig.

Bin ich normal?

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Martin Martin

New member
Hallo anonyme Netzgemeinde,

ich möchte diese Plattform gerne nutzen um meine Geschichte loszuwerden. Ich habe sonst niemanden, mit dem ich über solche Themen sprechen kann. Ich bin schon sehr auf eure Kommentare, Ratschläge und Meinungen gespannt. Eins noch vorneweg: Am Ende steht die Frage wie „normal“ ich bin. Klar hat dafür Jeder eine andere Definition, aber mich interessiert eben eure Einschätzung / Bewertung.

Also, ich bin männlich und 29 Jahre alt. Leider habe ich vor ca. 10-15 Jahren den „Einstieg“ in ein Sexualleben verpasst. Jedenfalls habe ich das Gefühl ziemlich verkorkst zu sein. Ich habe halt einfach keine Freundin und auch keine Frau für eine Nacht gefunden. Stattdessen habe ich viel onaniert und intensiv Pornos angeschaut. Mir ist und war schon immer klar, dass das in Pornos gezeigte weit weg von der Realität ist, dass man sich das nicht zum Maßstab machen darf oder als Vorbild nehmen soll – trotzdem wurden über die Jahre die Pornos die ich schaue um erregt zu werden immer heftiger, krasser, expliziter.

Hinzu kommt, dass ich sehr früh schon eine Neigung zu Latex und Gummi entdeckt habe. Ich onaniere oft mit Einmal-Gummihandschuhen, liebe den Geruch und das Gefühl auf der Haut. Dann kommt häufig noch Gleitgel dazu, sodass die Hand schön eng gemacht werden kann, wodurch das Gefühl am Penis sehr intensiv ist. Tja, und wenn die Hände schon in Handschuhen stecken und Gleitgel schon aufgetragen ist, dann wandert auch mal eine Hand bzw. ein Finger an oder in den Anus. Auch das fühlt sich toll an, sodass ich es über die Jahre immer intensiver ausgelebt habe. Irgendwann kamen dann Plugs und Vibratoren hinzu, und wo ich schon beim Einkaufen war auch noch Masturbaturen, Penispumpen, Latexmasken, … . Mittlerweile habe ich ein ganzes Sammelsurium an Sexspielzeug nur für mich alleine.

Mit 24 oder 25 hatte ich dann meinen ersten One Night Stand. Ich war total nervös, zittrig und unbeholfen. Ich wollte nicht grob sein und der Dame wirklich was bieten, erreichte aber gar nichts. Meine Potenz ließ mich im Stich. Meine Erektionen hielten kaum länger als 2-3 Minuten, sodass eindringen kaum möglich war. Und wenn es möglich war spürte ich dabei kaum etwas. Irgendwie überrascht mich das aber auch nicht (im Nachhinein). Im Kopf wuchs dann der Leistungs- und Erwartungsdruck. „Es muss doch jetzt mal endlich klappen“. Und das kombiniert mit den durch Pornos und heftiger Selbstbefriedigung geprägten Phantasien – kann ja nicht klappen.

Das änderte sich dann blöderweise auch nicht als ich vor drei Jahren für ca. 9 Monate eine feste Freundin hatte. Sie hat zwar versucht mir den Leistungsdruck zu nehmen, meinte es sei nicht schlimm und so weiter, aber die Enttäuschung wenn der Sex mal wieder nicht geklappt hat, war ihr regelrecht ins Gesicht geschrieben.

In meinem Kopf wuchs zu der Zeit ein ernstes Interesse am Thema BDSM, wobei ich mich gedanklich sowohl in der dominanten Rolle, als auch in der Rolle des Subs wiederfinde. Ich glaube einfach, dass in diesem Bereich viele meiner Phantasien und meiner Neigungen bedient werden – sei es Latex/Gummi, Anal, Toys, NS, usw. Ich spiele auch heute noch mit dem Gedanken ein Studio zu besuchen und mir eine „Anfängersession“ zu gönnen. Aber bisher ist das nur ein Gedankenspiel. Ganz ehrlich: Ich traue mich nicht.

Wenn mir die Beziehung auch keine sexuelle Befriedigung gebracht hat, so habe ich mich dabei doch erstmals körperlich wohl gefühlt. Ich genoss das Kuscheln, den Körperkontakt, die Berührungen. Und das fehlte mir anschließend. Daher habe ich mich über das Thema Tantra-Massagen informiert und im Gegensatz zu den BDSM-Studio-Gedanken, habe ich die Massage auch tatsächlich ausprobiert. Aber bitte nicht bei einer Prostituierten, sondern in einem sehr anständigen und gepflegten Studio, mit klaren Regeln. Das war der Wahnsinn. Die totale Entspannung. Ich bin geflogen. Die Wärme, der Duft, die Musik, die Berührungen am ganzen Körper – die pure Ekstase. Die Massagen, -ich gönne mir das mittlerweile etwa 4-mal im Jahr- lösen bei mir absolute innere Ruhe, Entspannung und Zufriedenheit aus und führen zu einer gewaltigen sexuellen Energie. Bei der Massage selbst habe ich zwar starke Erektionen und bin meist für ca. 30 – 45 Minuten an dem wunderbaren Punkt kurz vor dem Orgasmus, habe dann aber keinen (ist ja aber auch nicht das Ziel der Veranstaltung).

Vor ca. einem Jahr dann ein Wendepunkt was mein sexuelles Leben anbetrifft:

Ich lernte eine Frau kennen. Nennen wir sie N. Zunächst war alles sehr harmlos. Sie wohnte zeitweise in der Nachbarschaft, wir plauderten oft, gingen gemeinsam spazieren. Irgendwann half ich ihr mal Regale zu transportieren und aufzubauen, zum Dank lädt sie mich zum Essen ein. Auf ihrem Sofa unterhalten wir uns anschließend und sie lehnt ihren Kopf an meine Schulter. Mehr nicht. Jedenfalls äußerlich. Innerlich fasse ich großes Vertrauen zu ihr und je mehr ich sie kennenlerne, desto mehr bewundere ich sie. Sie ist selbstbewusst, stark aber auch herzlich und ausgeglichen. Sie strahlt unerschütterliche Ruhe und Gelassenheit aus und sie ist wahnsinnig attraktiv.
Sie ist doppelt so alt wie ich.

Es ging dann alles sehr schnell. Händchen halten beim Spazieren gehen, Küsschen zum Gruß und beim Abschied, irgendwann der erste richtige Kuss. Schön war er. Aber auch irgendwie komisch. Mittlerweile ist eine handfeste Sex-Beziehung daraus geworden. Wir treffen uns ca. alle 4 Wochen (sie wohnt jetzt wieder ca. eine Auto-h entfernt). Dann plaudern wir, haben Spaß, lachen, amüsieren uns. Wir kochen und essen gerne zusammen, spielen Brett- und Kartenspiele, schauen gute Filme und abends haben wir guten Sex. Dabei ist alles so anders als ich es bisher kannte.

Bei meinen wenigen ONS und auch bei meiner Freundin war immer sofort die Frage im Raum warum ich denn keine vernünftige Erektion habe. Gleichzeitig hatten die jungen Damen alle ihre eigenen Ticks und Problemchen. Eine hatte panische Angst vor nackten Füßen, eine andere wollte nicht geleckt werden weil sie sich für ihren Intimgeruch schämte. Meine Freundin hatte ein Problem mit ihrer Figur (also wirklich nur in ihrer Einbildung, sie war gertenschlank) und mit ihren ach so großen Schamlippen – Konsequenz: Sex nur in absoluter Dunkelheit.
Kurzum, die Frauen waren alle erwachsen, aber doch auch unreif und nicht mit sich selbst im Reinen.

N. ist das absolute Gegenteil. Sie genießt es angefasst, gestreichelt und massiert zu werden. Sie liebt es geleckt zu werden. Sie streckt mir bei hellstem Tageslicht ihre Körpermitte entgegen und zuckt vor Freude wenn meine Zunge sie erforscht. Sie genießt, entspannt und ist zufrieden ohne Forderungen zu stellen. Von Leistungsdruck und Erwartungen oder gar Enttäuschungen keine Spur. Das wiederum gefällt mir sehr gut. Auch ich kann endlich entspannen, genießen, meine Sexualität ausleben, auch wenn es mal nicht klappt mit einer Erektion. Ich bin dabei noch immer sehr angespannt, merke aber dass es von Mal zu Mal besser wird. Und egal wie es läuft, es sind immer schöne und intime Momente mit ihr.

Nun, wir sind beide erwachsen, physisch wie psychisch gesund, wir wissen was wir tun, genießen es, respektieren und schützen uns. Eigentlich spricht doch nichts gegen das was wir da tun.
Trotzdem kommen mir immer wieder die Gedanken daran, wie verkorkst doch mein Sex-Leben ist. Potenzprobleme, durch Pornos geprägte Phantasien, Anal-spleen, diverse Neigungen, hohe Ausgaben für Tantra-Massagen und Sex-Spielzeug, regelmäßiger Sex mit einer Frau, die fast 30 Jahre älter ist als ich. Das ist doch alles nicht normal für einen 29 Jährigen. Bin ich pervers? Bin ich krank? Was würde ein Psychologe sagen? Was sagt ihr?
Bin gespannt auf eure Meinung und Kommentare.

Beste Grüße
Martin
 
Sie haben gerade ein tolles Sexleben beschrieben. Was soll daran verkorkst sein? Es gibt ausgesprochen attraktive 60- jährige Frauen, und Sie haben gefunden, was Sie gesucht haben und was Ihnen gut tut. Genießen Sie, was Sie haben, gewinnen Sie Selbstsicherheit. Wenn Sie BDSM- Neigungen haben, teilen Sie die mit Millionen Menschen, und Tantra- Massagen findet wohl jeder geil. What's the problem? Sie sind keinem Rechenschaft schuldig!

LG, Dr. Höllering
 
Ich würde auch sagen, daß das was Du über Deine Wünsche und Erlebnisse schreibst, völlig normal ist.

BDSM ist zwar absolut nicht mein Ding und ich habe null Verständnis was daran schön sein soll, aber scheint inzwischen so viele Anhänger zu haben, daß ganze Branchen davon leben können,so daß du dich dessen wohl kaum schämen musst.

Im übrigen fand ich deine Geschichte sehr amüsant zu lesen, vor allem hinsichtlich deiner unreifen und komplexbelasteten Frauen!

g.
 
Auch ich bin der Meinung, dass das,was Du gefunden hast doch perfekt ist und Du glücklich sein kannst. Und mal ganz ehrlich, nur weil Du der Jüngere bist.... das sind Klischees die nicht stimmen, was die einschlägigen Portale mit vielen jungen Männern auf der Suche nach "reifen Frauen" beweisen. Willst Du "normal" oder glücklich sein? ;-)
 
Sehr geehrte Frau Dr. Höllering,
lieber Golem und lieber Besmia,

vielen herzlichen Dank für die freundlichen und positiven Rückmeldungen. Ich freue mich, dass meine Story als amüsant beschrieben empfunden wird. Den Hinweis, dass ich Niemandem Rechenschaft schuldig bin, habe ich aufgenommen und sehe das alles mittlerweile lockerer. Dennoch bin ich mir nicht sicher, ob meine eigentlichen „Probleme“ bzw. Sorgen und Gedanken richtig erfasst wurden.

Ich schäme mich durchaus nicht für meine BDSM-Phantasien; und schon gar nicht für meine Tantra-Erlebnisse. Sogar, dass ich mich zu einer wesentlich älteren Frau sexuell hingezogen fühle und dies auch tatsächlich auslebe ist okay für mich. Ich bin da schon generell ein sehr offener und aufgeschlossener Mensch.

Nur habe ich eben Bedenken, dass es nicht normal ist, dass all diese „Dinge“ / Neigungen / Fetische so stark im Mittelpunkt meiner Sexualität stehen und ein normales oder ‚vanilla‘-Sexleben mit einer attraktiven Gleichaltrigen (bzw. mit einer Frau, die in ihrer sexuellen Entwicklung irgendwo etwa auf der selben Ebene steht wie ich) und ohne den Einbezug von härteren oder außergewöhnlichen Praktiken nicht mehr möglich ist und vor allem auch noch nie möglich war.

Man könnte auch sagen, ich hatte noch nie ein Sexleben, so wie ich es für normal halte und es mir auch wünsche. Gleichzeitig frage ich mich jedoch, ob ich mir nur einbilde dies zu wünschen, da ich verkrampft versuche in meine eigene Vorstellung von „normal“ zu passen und dabei verdränge oder ignoriere ich, dass mich dieses „normal“ gar nicht wirklich reizt.

Dann stellt sich mir aber die Frage, wo dieser Reiz am Außergewöhnlichen und Härteren eigentlich herkommt. Bin das wirklich ich, der darauf steht eine ältere Frau intensiv oral zu verwöhnen? Oder gebe ich mich hier zu sehr durch jahrelangen intensiven Pornokonsum ankonditionierten /abartigen/ Phantasien hin?

Unterm Strich ist also doch alles nur ein Selbstfindungstrip. Blöd nur, dass der Genuss durch das Ausleben meiner sexuellen Phantasien dabei viel zu schnell in Scham und das Gefühl nicht normal / pervers / krank zu sein umschlägt.

Ich hoffe ich habe mich verständlich ausgedrückt und freue mich sehr auf Kommentare, Meinungen, Ratschläge oder Rückfragen zu meinen Gedanken.

Beste Grüße
Martin
 
Man weiß nicht, woher BDSM- Neigungen kommen (die Erklärungen sind unbefriedigend und halten wissenschaftlichen Standards nicht stand), aber wir wissen, dass sie so verbreitet sind, dass man BDSM- Jünger keineswegs als "abnormal" oder gar als "pervers" bezeichnen kann. Sie sind ein Teil der absoluten sexuellen Vielfalt. Allerdings ist es zu erwarten, dass eine Vanilla- Beziehung nie absolut befriedigend für Sie sein wird. Damit leben aber die meisten BDSMer!

LG, Dr. Höllering
 
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