RE: Beziehungskrise
Liebe Nurabi,
ich möchte das Ganze versuchen, aus einem etwas anderen Blickwinkel zu sehen. Die Frage ist nämlich, warum sich Ihr Freund bzw. dessen "Freundin" so verhält.
Ich glaube, daß es grundsätzlich (in einer funktionierenden Partnerschaft) kein Problem darstellt, wenn sich der eine oder der andere Partner sich mehr oder weniger häufig allein mit seinen bzw. ihren Freunden trifft. Wichtig ist hierbei jedoch, daß hierdurch keine "Geheimnisse" (gerade bei andersgeschlechtlichen Freunden) entstehen. Dazu gehört, daß der jeweils andere Partner die Leute aus dem "anderen" Freundeskreis kennen sollte. Ich gehe davon aus, daß Sie die Frau, mit der sich Ihr Freund regelmäßig trifft, auch kennen. (Sie arbeitet in "unserer" Firma.)
Ihr Problem an dieser "Freundschaft" ist wohl nicht die Freundschaft an sich, sondern das "Ziel" dieser Frau, Ihre Beziehung zu zerstören. Warum? Hat Ihr Freund sie nicht regelrecht dazu "eingeladen", sich in Ihre Privatsspähre "einzumischen", indem er sich bei ihr "ausgeweint" hat? Hat er sie dadurch nicht sogar aufgefordert, Stellung zu beziehen? Daß diese Stellungnahme nicht "neutral" ist, ist wohl auch klar. Sie bezieht Stellung für Ihren Freund, weil er Sie in einem (sehr?) negativen Bild dargestellt hat. Vielleicht kommt noch hinzu, daß diese Frau Sie nicht mag (und evtl. umgekehrt) und deutlichen Sympathien für Ihren Freund empfindet. Möglicherweise steckt auch "mehr" dahinter. Dagegen spricht, daß Ihr Freund offensichtlich sehr offen mit Ihnen darüber spricht und die schon erwähnten "Geheimnisse" nicht existieren. Allerdings kann man sich nicht hundertprozentig sicher sein, dennn es kann auch sein, daß Ihr Freund die Zielsetzung dieser Frau (noch) nicht erkannt hat. Vielleicht sieht sie in Ihrer Beziehungkrise Ihre "Chance". In Abhängigkeit vom Alter, Typ und Familienstand dieser Frau könnte die Zielsetzung dieser Frau nämlich auch ein "engerer Kontakt" zu ihrem Freund sein. Die Zielsetzung kann aber auch in eine ganz anderen Richtung gehen. Vielleicht hat diese Frau Ihnen gegenüber ein "Feindbild" aufgebaut, sei es, weil es Ihrem Freund bei Ihnen "so schlecht" geht, weil sie Ihnen gegenüber deutliche Antipathien verspürt oder weil ein "Konkurrenzdenken" (Eifersucht?) eine Rolle spielt.
Nun zu Ihrem Freund: Es ist nur zu verständlich, daß er sich eine Vertrauensperson auswählt, und mit ihr über die Probleme in Ihrer Beziehung spricht. Vielen Menschen fällt die Problembewältigung leichter, wenn sie sich Rat und Meinungen anderer holen können. So finde ich ich es nicht grundsätzlich falsch, daß er sich ratsuchend an seine Freundin gewendet hat. Leider hat das für Sie - aber besonders auch für ihn - eine Entwicklung in die falsche Richtung genommen. Sie sagen selbst, daß er zwischenzeitlich eingesehen hat, daß diese Frau nicht die geeignete Vertauensperson für seine Problembewältigung war. Allerdings scheint er nicht viele Alternativen gehabt zu haben, denn Sie beschreiben ihn als Einzelgänger mit wenig (oder vielleicht gar keinen) anderen Freunden, denen er genug Vertrauen schenken kann, um mit ihnen über seine Probleme zu reden. Wenn er selbst einsieht, daß ihm diese Frau bei der Lösung seiner Beziehungsprobleme nicht weiterhelfen kann, wird er sicherlich auch bereit sein, mit ihr nicht mehr über Ihre Beziehung zu sprechen, wenn er sieht, daß dies für sie ein großes Problem darstellt - vorausgesetzt, seine "Freundin" bringt dieses Thema nicht ständig auf den Tisch, um ihre Ziele weiter zu verfolgen.Auch wenn dieses Risiko besteht, halte ich es für den größten Fehler, den sie in dieser Situation machen können, ihm diese Freundschaft "verbieten" zu wollen und den Abbruch der Kontakte zu dieser Frau zu fordern. Warum? Können sie sich vorstellen, wie "allein" sich Ihr Freund vorkommen würde, wenn er seine "Freundschaft" zu dieser Frau verliert (obwohl er dies NICHT will). Sie beschreiben Ihren Freund als Einzelgängen mit wenig (oder gar keinen?) Freunden: Können Sie sich vorstellen, daß der Aufbau dieser "Freundschaft" sehr viel Mut und Kraft gekostet hat? Nein - sie können sich dies wahrscheinlich nicht ansatzweise vorstellen, denn Sie sind offensichtlich ein geselliger Typ mit einem großen Freundeskreis, dem es nicht schwerfällt, neue Kontakte zu knüpfen. Ich denke, daß eine solche Forderung eher "feindliche" Gefühle Ihnen gegenüber hervorrufen wird; das wird Ihrer Beziehung nicht gerade föderlich sein!
Was können Sie tun? Obwohl Ihnen die für Sie unterträgliche Situation mit der Freundin Ihres Freundes zur Zeit offenbar viele Schmerzen bereitet, sollten Sie Ihr eigentliches Ziel, nämlich die Lösung Ihrer Beziehungsprobleme nicht aus den Augen verlieren. Sollte es Ihnen gelingen, diese Probleme in den Griff zu bekommen, erledigt sich nämlich Ihr Problem mit der Frau von selbst. In dem Augenblick, in dem sie einsehen muß, daß Ihre Beziehung wieder in Ordnung ist, wird sie ihr Zerstörungsstrategie aufgeben (müssen). Es kommt natürlich darauf an, ob Ihr Partner noch voll hinter dieser Beziehung steht, oder ob ihn wegen der vorhandenen Beziehungsprobleme schon Zweifel an seiner Beziehung zu Ihnen gekommen sind. Hierzu müssen Sie mit ihm gemeinsam die Probleme konkret formulieren und versuchen, hierfür Lösungen zu erarbeiten. Dabei hat Ihr Freund zwei Eigenschaften, die Ihnen diese Aufgabe nicht gerade erleichtern. Die "fehlende Abgrenzung zu seinen Eltern" kann sowohl in der Erziehung als auch in Erlebnissen seiner Kinder- und Jugenzeit begründet sein. Vielleicht gibt es Geschehnisse, die ihn besonders eng an seine Eltern und sein familiäres Umfeld gebunden haben, so daß der natürliche "Lösungsprozeß" nicht oder nicht zum richtigen Zeitpunkt stattgefunden hat. Dies werden nicht nur Sie, sondern insbesondere auch er, als ein schwerwiegendes Problem empfinden. Für Sie bedeutet es, daß Sie ihn immer "etwas" mit seinen Eltern teilen müssen - für Ihn entsteht der "Zwang", bei allen Wünschen und Entscheidungen die Interessen der Eltern mit berücksichtigen zu wollen. Sie sollten daher versuchen, mit seinen Eltern ein gutes Verhältnis zu haben, um Entscheidungen zwischen Ihnen und seinen Eltern nicht allzuoft (es läßt sich nicht immer vermeiden!) vom ihm zu fordern. Es wird ihn unendlich belasten und es ist nicht sicher, daß seine Wünsche und Entscheidungen immer zu Ihren gunsten ausgehen. Die Eigenschaft, nicht "Nein" sagen zu können, macht ihrem Freund das Leben schwer - sehr schwer sogar. Es bedeutet nämlich, seine eigenen Interessen, Wünsche und Vorstellungen hinter den der anderen zurückzustellen - auch wenn die anderen dies überhaupt nicht wollen. Zu den "anderen" gehören auch Sie, seine Eltern und seine Freundin. Dadurch befindet er sich in einer ständigen Konfliktsituation - Ihre Interessen und Vorstellungen werden in der Regel wohl kaum in Einklang mit denen seiner Eltern und seiner Freundin zu bringen sein. Dies hat nichts mit Ihnen persönlich zu tun, sondern ist ein Problem, daß Ihr Freund mit jeder Partnerin - ja sogar auch ohne Partnerschaft - haben wird. Das "Nicht-Nein-Sagen-Können" zeigt auch, daß sich Ihr Freund sehr schwer mit seinen Entscheidungsprozessen tut. Was für Sie eine Selbstverständlichkeit ist, nämlich Ihre Wünsche und Vorstellungen klar formulieren und hieraus Entscheidungen zweifelsfrei treffen zu können, stellt für Ihren Freund oft eine unlösbare Aufgabe dar. Zudem orientiert er sich nicht an seinen eigenen Wünschen und Zielen, sondern an denen der anderen, insbesondere an Ihren oder denen seiner Eltern und seiner Freundin. Dies wirkt sich sicherlich sehr stark auf sein Wohlbefinden aus. Diese beiden Probleme müssen Sie gemeinsam mit Ihrem Freund zunächst in den Griff bekommen. Erst dann können Sie sich weiteren Fragestellungen wirdmen.
Ich hoffe, daß Ihne meine Ganken helfen, Lösungswege für Ihre Probleme zu finden!
Schöne Grüße
Heide