Hallo,
ich bin männlich und 55 Jahre alt und hatte seit meiner frühen Jugend immer mal Kopfschmerzen. Diese waren im Laufe der Jahre irgendwie selbstverständlich geworden.- Im Jahr 2013 bekam ich über einen Zeitraum von ca. 2 Wochen immer wieder Sehstörungen, insbesondere auf dem rechten Auge. Es beunruhigte mich nicht besonders, da ich es für Kreislaufbeschwerden oder ähnliches hielt. Dann, eines Tages, nach 2 Wochen wurden die Beschwerden so stark, dass ich es gerade so von einem geschäftlichen Termin nach Hause schaffte. Naiverweise legte ich mich ins Bett, in der Hoffnung, dass alles vorbei sein möge, wenn ich wieder aufwache. Natürlich war dem nicht so, ich verließ torkelnder Weise das Zimmer und meine Frau fuhr mich ins KH. Dort (wir wohnen auf dem Land und es war auch mehr ein Dorfkrankenhaus) überlegte man, was es sein könnte, bis ich während des Gespräches mühsam aufstand und meiner Frau sagte "ich muß hier raus". Wir waren danach im KH in Lüneburg, wurden dort an die Stroke-Unit verwiesen. Inzwischen hatte ich einen Gesichtsfeldausfall rechts und weitere Beschwerden beim Gehen. Auf dieser Station blieb ich einige Tage, in denen die Geh-Beschwerden zum Glück zurückgingen, die Sehbeschwerden leider nicht. Mir war damals nicht bewußt, dass eine AVM anscheinend für viele Ärzte absolutes Neuland ist. Man muß auch dazu sagen, dass die AVM bei mir erst nach dem zweiten MRT richtig lokalisiert werden konnte. Vorher herrschte großes Rätselraten unter den Medizinern. Der zuständige Chefarzt ließ mich wissen, dass ich aufgrund des Gesichtsfeldausfalles nie wieder Auto fahren könnte.
Von Lüneburg wurde ich an die Asklepios Klinik Hamburg Altona überwiesen, auf die Neuroradiologie. Chef dort war und ist Prof. Dr. Eckert. Erst dort hatte ich den Eindruck, die Leute wissen, was zu tun ist. Es folgten wieder diverse Untersuchungen einschließlich Angiografie. Da mein OP-Termin (ich hätte auf die OP verzichten können, tat dies aber nicht) noch wenige Wochen entfernt war, durfte ich zwischenzeitlich nach Hause.
Ich hatte zwar den Gesichtsfeldausfall, aber gleichzeitig sah ich Dinge, bzw. Personen, die gar nicht da waren. Natürlich war ich mir dessen bewußt. Trotzdem ist es schon etwas unheimlich, wenn man auf der Couch vor dem Fernseher sitzt und die Tür zum Raum ständig auf- und zugeht. Oder es sitzt dauernd ein fremdes Kind in kurzen Hosen neben einem, das aber gar nicht da ist. Manchmal habe ich sogar Personen zweimal gesehen, da war es schon schwieriger zu entscheiden, wer gerade echt ist. Zum Beispiel meine Frau in der Küche links von mir am Kühlschrank, aber im selben Moment geht sie rechts vorbei. Insgesamt fand ich das durchaus interessant, ich hatte noch nie von solchen "Symptomen" gehört. Etwas gruselig war die fast clowneske Gestalt, die sich, wenn ich am Schreibtisch saß, auf der anderen Seite mit den Händen an der Kante nach oben zog und mich anschaute.
Seitdem bin ich doch beeindruckt, wozu unser Gehirn in der Lage ist, wenn es einem ohne Probleme diese Dinge vorgaukeln kann. Wobei, auch ein Gesichtsfeldausfall ist ja nicht einfach eine schwarze Fläche, sondern wird vom Gehirn wieder zusammengebaut, als wenn alles in Ordnung wäre.
In der Klinik wurde ich dann 3 Std. unter der Führung von Dr. Leppien operiert (Embolisation). Als ich aufwachte und wußte wer und wo ich bin, waren alle ganz froh, einschließlich der Ärzte. Dieses rumdoktern am Gehirn steckt nun mal noch in den Kinderschuhen und ich denke nicht nur ich sondern viele andere AVM-Patienten hätten 20 oder 25 Jahre vorher wenig bis gar keine Chance gehabt.
Der Gesichtsfeldausfall war verschwunden, ebenso wie meine immer mal wieder auftretenden Kopfschmerzen. Weg waren auch meine "Geister", an die ich mich fast ein bißchen gewöhnt hatte.
Ein Jahr später, also 2014, spürte ich während eines geschäftlichen Meetings plötzlich wieder die leider bekannten Symptome. Bei mir fühlte sich das an, als ob auf dem rechten Auge ein Super-8-Film abläuft, aber in falscher, zu schneller Geschwindigkeit.
Da mein Gehirn und mein Fall dort bereits bekannt waren, begab ich mich wieder in die Klinik HH Altona. Diesmal operierte mich Prof. Eckert erfolgreich, Dr. Leppien war im Ruhestand.
Seitdem war keine weitere OP nötig. Natürlich müßte ich alle 6 Monate zum MRT gehen, tue dieses aber nicht. Da ist sicher jede(r) anders, und jeder hat so seine Gründe.
Ich bin dem Team um Prof. Eckert und ihm selbst natürlich, sehr dankbar für daß, was sie getan haben. Falls jemand mit einer AVM zögert, weil er nicht weiß wohin damit, kann ich diese Neuroradiologie sehr empfehlen.
Übrigens bin ich froh, dieses Forum gefunden zu haben. Leider sind die Foren für AVM rar gesät, bzw. die Halbwertszeit von uns Forenmitgliedern ist womöglich nicht so lang wie von anderen.
Ich hoffe niemanden zu sehr gelangweilt zu haben.
Viele Grüße an Euch