Hallo Riffin,
zunächst einmal herzlich willkommen im Forum
Du bist mit Deinen Gedanken und dem Problem nicht allein: Es geht jedem Menschen im Laufe seines Lebens immer wieder so, daß er Phasen hat, wo er Angst vor dem Tod hat und den Sinn seines Lebens in Frage stellt. Bei mir ist es erst später, mit Mitte/Ende 30, der Fall gewesen; bei Dir ist es eben früher. Treffen tut es fast jeden irgendwann.
Das ist aber definitiv kein Grund, schwarz zu sehen oder eine Depression zu befürchten, auch, wenn ich Dir ansatzweise nachfühlen kann, was Du meinst.
Auch mir geht es spätestens seit zwei Jahren so, daß auch mir solche Geschichten und Schicksale, wie Du sie eingangs beschreibst, "an die Nieren gehen". Es gibt bzw. gab Momente, da konnte ich mir so etwas absolut nicht mehr ansehen oder anhören, und selbst jetzt noch versuche ich, einen Bogen um solche Storys zu machen.
Umgekehrt ist es aber eben so, daß wir Menschen eines Tages irgendwann "gehen" müssen. Mit dem Gedanken müssen wir umgehen lernen, was zugegebenermaßen nicht ganz einfach ist. Wir kennen bewußt nur unser "Bewußt sein", und der Gedanke an den Tod, in dem wir einfach nicht mehr "bewußt sind", nicht mehr leben, nicht mehr atmen, ängstigt uns. Auch das geht im Prinzip jedem Menschen so, dem einen mehr, dem anderen weniger, dem einen früher, dem anderen später.
Die Sinnfrage ist auch so eine Sache, auf die es - leider - keine allgemeingültige Antwort gibt. Ich beschäftige mich mit dieser Frage seit zwei Jahren immer wieder recht intensiv, immer wieder kommt sie hoch und läßt sich mich an meinem Leben zweifeln. Aber ich lerne, immer besser und distanzierter mit ihr umzugehen: Dann macht eben eine Sache gerade wenig Sinn - Augen zu und durch. Gleichzeitig bemühe ich mich, die rationalen Sinngründe für eine Aufgabe im Kopf durchzugehen oder mir selbst leise vorzumurmeln - das lenkt von dem negativen Denken ab und hilft.
Zuguterletzt habe ich auf einer Selbsthilfe-CD, die ich ganz zu Beginn meiner Depri mehrfach gehört habe, einen schönen Satz gehört und mir gemerkt (sinngemäß; muß den Link mal in Ruhe raussuchen):
"Wir Menschen sind nicht auf der Welt, um die Galaxis zu kehren, sondern um Spaß zu haben!"
Diesen Satz bete ich mir immer und immer wieder vor, wenn mich mal wieder ein bißchen die Sinnkrise zu übermannen droht und mir eine Tätigkeit oder sogar ein Hobby gerade keinen großen Spaß machen will. Auch das hilft: Ich stelle immer wieder fest, daß man sich mit etwas Übung auch zum Spaß-haben überreden bzw. davon überzeugen kann, genauso, wie man sich eben von Unlust und Sinnlosigkeit mitreißen lassen kann. Der Weg ist nur leider anfangs kein Selbstläufer (im Gegensatz zur diesbezüglichen negativen Denke), so daß man ihn wirklich bewußt üben muß.
Aber es geht!
Weiterhin sehe ich Dein Problem nicht als "klein" - in subjektiver Sicht gibt es kein "klein" oder "groß", sondern jedes derartige Problem ist einfach so groß und stark und beherrschend, wie man es selbst empfindet. Wenn es Dir im Augenblick so ergeht, dann ist das in Ordnung und nichts, was Dir unangenehm sein müßte o.ä.
Auch meine Depri-Krise vor zwei Jahren oder der Rückfall im letzten Sommer sind gemessen an dem, was andere durchmachen müssen, sicherlich eine "Kleinigkeit" gewesen - für mich waren es die schlimmsten Tage und Wochen meines bisherigen Lebens.
Soll heißen:
Sicher, übertreibe nicht, bausche es nicht mehr und unnötig auf. Aber wenn Du es als unangenehm, störend, schlimm oder beeinträchtigend empfindest, ist das erstmal ein Fakt, an dem es nichts zu rütteln gibt. Genau so geht es Dir eben jetzt, Punkt. Das solltest Du sehr wohl wahrnehmen und akzeptieren.
Was ich an Deiner Stelle konkret machen würde:
1. In jedem Fall denke ich, daß Dir die Fachmeinung eines Psychotherapeuten helfen könnte. Mit ihm kannst Du Dich austauschen und er kann Dich dabei unterstützen, Dein ins Wanken geratenes Denken wieder zu festigen. Vielleicht brauchst Du auch nur 2-3 Sitzungen und es paßt alles wieder. In jedem Fall kann es kaum schaden, es auszuprobieren.
2. Vermeide in der jetzigen Phase unnötig traurige oder deprimierende Geschichten. Ich konnte mir damals nicht mal sporadisch Dr. House mit meiner Frau ansehen, ohne dabei beim Kampf gegen alle möglichen seltenen und aussichtlosen Krankheiten innerlich auf dem Zahnfleisch zu gehen. Oder die Nachrichten letzte Woche über den gestoppten Flüchtlingstransport in Österreich - konnte mir nur einen Artikel durchlesen, dann hat's mir psychisch absolut wieder gereicht angesichts solch lebens- und menschenverachtender Taten.
Also: Weg damit! Auch sonstwie gelagerte Problemfilme und Dokumentationen können warten, bis Du Dich wieder stabiler fühlst. Und laß Dich da auch nicht kirre machen durch Gruppenzwang, blöde Sprüche wie "sei kein Weichei", o.ä. - unsere Gesellschaft hat mehr und mehr die Tendenz, in dieser Hinsicht Hemmungen abzubauen, vgl. bspw. die Diskussionen um den Tatort vom letzten Sonntag (den ich mir übrigens auch nicht angesehen habe). Das ist aber alles fremd- und mediengesteuert, weil Kommerz, und nicht zwangsläufig gesund!! Das solltest Du Dir immer wieder bewußt machen.
Was alles auch nicht heißen soll, daß man die Augen vor dem Übel der Welt immer verschließen sollte, keine Frage.
Aber keiner von uns ist auf der Welt, um das Leid der Welt immer und überall und zu jeder Zeit zu (er)tragen!
Erinnere Dich: Du bist auf der Welt, um Spaß zu haben!
Wenn Du es dann noch schaffst, in psychisch stabilen Phasen Deines Lebens anderen in Deinem unmittelbaren Umfelf zu helfen und ihnen ein(e) Freund(in) zu sein, möglichst niemandem schadest (geschweige denn absichtlich), dann hast Du alles richtig gemacht!
Also: Für den Moment weg mit Problemthemen und schlechten Nachrichten rund um Krankheit, Tod und sonstige Dramen. Okay?
3. Stichwort "abschalten":
Beschäftige Dich mit Deinen Hobbies, triff Dich mit Freunden - im wahrsten Sinne des Wortes: Beschäftige Dich und lenke Dich ab. Geh raus, mach Sport, such Dir neues. Du hast in der Tat noch Dein ganzes Leben vor Dir und alle Möglichkeiten offen
