RE: Angehörige von dementen
Liebe Barbara,
es ist bestimmt sehr wichtig, sich aufzuarbeiten.
Leider ist den meisten Menschen kein so ruhiger Tod beschieden. Ich habe Beides erlebt mit meinen Eltern. Der Schmerz über einen schnellen Schluss ist m.E. in dem Moment stärker.
Meine Mutter, die an Demenz Typ AD über zwölf Jahre Abschied vom Ich genommen hat, durfte zwei Minuten mit dem Atem ringen, dann war es gut.
Keine Peg, wir habens gut hinbekommen. Der Arzt, ich, meine Familie, das Heimpersonal haben an einem Strang gezogen und der hiess in der letzten Phase,
keinen Durst leiden müssen, essen, wenn SIE essen will, keine Schmerzen. Diese Phase habe ich drei Mal mitgemacht über Monate und jedes Mal vorher, hat sie sich wieder berappelt...das ist Gefühlsjojo aller denkbaren Emotionen...man brennt aus...zwangsläufig....
Und wissen sie, ich empfand in den ersten Tagen mehr Frohsein für meine Mutti. Wer einen so langen Weg genommen hat, gönnt das Gehen.
Sie schreiben das sehr richtig, alles andere wäre egoistisch. Natürlich wünschte man sie sich zurück.......aber doch nicht so, sondern wie sie in gesunden Zeiten waren.
Gehen lassen können ist übrigens ein interessantes Thema für Angehörige. Viele können es nicht, was dazu führt, das oft Menschen geradezu am Sterben gehindert werden.
Ich finde es auch sehr wichtig, uns mit den verstorbenen Menschen ihre Zeit uu lassen, im bewussten Ritual zu beerdigen und nicht gleich ab und weg, so schnell wie möglich.
Auf dem Grab meiner Eltern lag am Tag von Muttis Beisetzung in meinem Einverständnis neben Blumen eine Reihe mit Salatblättern. Auf jedem Blatt stand ein Wochentag. Nun, das Salatblatt ist eine niedliche Geschichte aus ihrem Leben mit Alzheimer.
Da gab es einmal einen Tüte mit Fischbrötchen und Mutti fischte hungrig hinein. Heraus kam ein Brötchen, welches die Jägerin durch kurzes Aufklappen auf den Belag inspizierte.
Offensichtlich zufrieden wurde hineingebissen und festgestellt: Oh, ein Salatblattbrötchen !
(der glitschige Fisch war in die Tüte entglitten

))))
Ja und die Wochentage...nun, jeder der die Krankheit kennt, weiss wieviel Tag ein Angehöriger damit verbringt, dem Lieben zu erklären, was für ein Tag heute ist oder Morgen und das stundenlang und am nächsten Tag wieder und wieder und wieder....
Ja, warum erzähle ich das jetzt ? Es fiel mir gerade so ein über einen Abschied der in innerem Frieden erfolgen kann. Wir haben uns doch so viele Jahre verabschiedet und die Tränen geweint, dass sie uns irgendwann ausgegangen sind.
Liebe Barbara, Menschen wie sie braucht dieses Forum ganz bestimmt und ich bin nicht nur seit
Jahren in meiner Heimat, der Alzheimer Angehörigen Initiative aktiv, sondern schaue aus den gleichen Gründen auch hier hinein, wenn es Zeit und Leben zulassen. Wir wissen, wie allein man sein kann und wie wenig man gerade am Anfang weiss und sich nur Berge auftürmen. Stimmts ? Zuspruch, Verständnis, Lob und ein kleines Lachen über die besondere Bürde sind überlebensnotwendig und das findet man nur bei anderen Angehörigen, Menschen in ähnlicher Not.
Liebe Grüsse
Auguste