Re: Alleinsein
Schade, dass schon lange niemand mehr hier etwas geschrieben hat, aber ich habe mal meinen ganzen Mut zusammen genommen und alles aufgeschrieben was mich bewegt:
Angst vor dem Alleinsein
Niemand konnte mir jemals erklären, wie man mit der Angst vor dem Alleinsein klar kommen kann!
Ich glaube sie ist schon in meiner Kindheit entstanden, weil ich in den ersten Jahren nicht besonders behütet aufgewachsen bin, aber dann wurde sie zu einem lästigen Übel, das ich niemals wieder los geworden bin. Es kommt mir heute vor wie eine chronische Krankheit, die einem täglich zu schaffen macht und man weiß, sie geht niemals wieder weg. Jeden Tag wünsche ich mir, dass ich sie nicht mehr habe, aber sie klebt an mir und ich werde sie einfach nicht los. Auch eine langjährige Therapie hat mir nicht helfen können.
Als mein Sohn noch bei mir lebte, da war es das erste Mal in meinem Leben, dass ich sie fast vergessen habe, denn nun war ich nicht mehr allein und hatte jemand, der mich wirklich liebt und niemals verlassen wird.
Natürlich habe ich meinen Sohn immer noch und ich weiß, er wird mich nie im Stich lassen, aber es gehört sich ja auch für eine gute Mutter, dass sie ihr Kind gehen lässt und ich wünsche ihm alles Glück der Welt und freue mich jeden Tag, wenn ich sehe dass er glücklich ist.
Aber nun ist die Angst seit er vor vielen Jahren ausgezogen ist, wieder da! Alle Beziehungen, die ich seit dem hatte, haben mir nicht geholfen, diese Angst zu verlieren. Jeder Streit, jede Unstimmigkeit in der Beziehung sorgte dafür, dass ich gleich wieder dieses schreckliche Gefühl hatte.
Viele Jahre überlege ich nun schon wie ich sie loswerden kann. Da ich es nicht weiß, habe ich beschlossen diese Geschichte zu schreiben, in der Hoffnung, dass es jemand liest, dem es ganz genauso ergeht und dann könnte man vielleicht gemeinsam daran arbeiten, dass das Leben nicht ständig von dieser Angst beherrscht wird.
Ich glaube ich habe schon viele Dinge getan, die andere als völlig blödsinnig beschreiben würden, nur aus der Angst heraus, ansonsten allein weiter leben zu müssen. Die Therapie hat mir das sehr klar gemacht, aber seit dem ich weiß, dass ich mir im Leben von niemandem mehr so weh tun lasse und auch stark genug bin, das genauso zu leben, da habe ich noch mehr Angst vor dem Alleinsein. Wenn ich mal in diese Kontaktanzeigen gucke und so viele Leute sehe, die auch allein sind, dann wundere ich mich darüber, dass ich niemanden finde, der zu mir passt. Aber ich musste lernen, dass es etwas gibt, das wichtiger ist, als alles andere. Die Liebe! Und wenn ich heute zurück blicke, dann war mein turbulentes Leben sicherlich aufregend und bestimmt auch mit Schmetterlingen im Bauch, aber Liebe, die gab es glaube ich wirklich nur zweimal in meinem Leben und ausgerechnet von dieser Liebe wurde ich ganz furchtbar verletzt! Auch die anderen sogenannten Lieben, waren immer wieder nur mit dramatischen und schrecklichen Ereignissen verbunden und irgendwann dann wieder beendet, so blieb wieder nur eins, die Angst.
Heute habe ich nun Angst davor, dass das alles ist, was mir bleibt, denn ich bin vorsichtiger und umsichtiger geworden und das macht es noch viel schwerer jemanden zu finden. Noch dazu mein Alter, mein Aussehen und sicher noch so ein paar andere Dinge machen es darum fast unmöglich, doch mal den Richtigen kennen zu lernen, mit dem man dann vielleicht alt werden kann und auf diese Weise jener Angst zu entfliehen! Ich habe früher niemals bemerkt, dass mir diese Angst richtige Schmerzen bereitet, sie tut einfach nur weh! Aber ich weiß auch, dass ich keine Kompromisse mehr will, denn ich möchte mich nicht davon beherrschen lassen.
Selbst in der Nacht begleitet mich die Angst und bestimmt finden es einige ziemlich albern, dass ich einen großen Teddy in meinem Bett habe, von dem ich mir manchmal wünsche, dass er sprechen könnte, aber wenn es keiner sieht oder hört, dann rede ich eben mit ihm. So wie andere mit Verstorbenen reden, nehme ich lieber einen Teddy! Man könnte nun meinen, ich sei einsam, aber ich habe wirklich eine tolle Familie, die sich rührend um mich kümmert, ich habe tolle Freunde und ich habe genügend Menschen um mich herum mit denen ich reden kann. Also warum habe ich dann ständig diese Angst? Eine Angst, die mir den Hals zuschnürt wenn ich allein im Haus bin, eine Angst die mir Herzschmerzen bereitet, eine Angst die mich manchmal zum Weinen bringt!
Gibt es jemand, der das alles hier verstehen kann? Ich würde es gerne in die ganze Welt hinaus schicken, um heraus zu finden, ob es noch jemand gibt, dem es so geht, oder ob man mich einfach nur für durch geknallt hält! Ich gehöre auch nicht zu den depressiven Menschen, ganz im Gegenteil, meine Umgebung würde mich als absolute Frohnatur bezeichnen, ich lache sehr gerne und viel.
Ich lasse mich niemals unterkriegen, auch wenn es in meinem Leben mal brenzlig wird und es gilt sich nicht einschüchtern zu lassen und man könnte sagen, dass meine Geburtsstadt durchaus einen Einfluss auf meine Art und Weise zu leben hatte, ich bin wie man so sagt eine Berliner Pflanze. Das sollen ja Menschen sein, die ihr Herz auf der Zunge tragen, das würde schon passen bei mir!
Ich würde auch von mir sagen, dass ich durchaus ein glücklicher Mensch bin, vor allem dann, wenn ich sehe, wie es anderen Menschen so geht! Also warum um alles in der Welt trage ich diese doofe Angst mit mir herum und werde sie einfach nicht los?
Wenn es irgendjemand auf dieser Welt gibt, der mir sagen kann, wie ich sie los werde, dann mal los, ich bin für Tipps immer dankbar. Wobei ich da nicht an Entspannungsübungen jeglicher Art denke, das habe ich alles schon probiert. Auch von EFT bin ich sehr begeistert und es wirkt sogar trotz meiner anfänglichen Skepsis bei mir ganz besonders gut. Ich gehe auch regelmäßig in die Sauna und gebe meinem Körper oft genug die Möglichkeit so richtig zu entspannen, aber all das hat nichts geändert.
Das Gefühl wenn ich alleine bin ist etwa so zu beschreiben: ich werde unruhig, suche mir schnell etwas zu tun, schütte mich möglichst so mit Arbeit zu, dass ich nicht zum Nachdenken komme und wenn ich dann doch mal innehalte, dann spüre ich dieses beklemmende Gefühl, ein hilfloses und total nerviges Gefühl, dass ich nicht haben will! Ich brauche viel mehr Kraft Dinge zu tun, die ich sonst sehr gerne tue und ich bin froh, wenn ich mal ein bisschen abgelenkt bin.
Oft wenn ich hier zu Hause an meinem Schreibtisch sitze und arbeite, mache ich den kleinen Fernseher an, den ich extra oben in das Regal gestellt habe und wenn ich in der Küche bin und keine Lust habe mir etwas zu kochen, dann läuft auch dort ein Fernseher! Es scheint mich ein wenig von meiner Angst abzulenken.
Ehe ich dieses Wort jetzt noch 20 mal sage, will ich lieber diese kleine Geschichte beenden mit der großen Hoffnung, dass jemand meine Zeilen liest und mir etwas Nützliches dazu schreibt!
Sophie 58 Jahre jung